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Von Würselen in die USA – mit Leistungssport

Lukas ist ein langjähriges Mitglied im Verein und hat vor allem in den letzten Jahren einige sportliche Erfolge (mehrere DM-Teilnahmen, NRW-Meistertitel, etc.) eingefahren. Wir freuen uns, dass wir in unserem Verein Talente fördern können und hoffen das Lukas noch einige Siege feiern kann.

Hier berichtet Lukas von seinen Erfahrungen rund um den Leistungssport in Amerika:

Als ich im Alter von 11 Jahren zum Kinder- bzw. Jugendleichtathletiktraining der Armada kam, hatte ich zunächst nicht vor, mich mit Leistungssport auseinanderzusetzen. Mein Ziel war es einfach, ein sportliches Hobby zu finden, das mir Spaß bereitet. Die ersten ein oder zwei Jahre bestanden aus klassischem Kinder-Leichtathletik-Breitensporttraining, bei dem ich mich in verschiedenen Disziplinen ausprobierte. Doch irgendwann bemerkte ich, dass mir das Laufen besonders liegt und ich es ambitionierter angehen möchte. Aus den anfänglich 2-3 laufspezifischen Trainingseinheiten pro Woche mit unserer kleinen Trainingsgruppe entwickelte sich im Laufe der Zeit ein leistungsorientiertes Training.

In 2020 begann ich dann zusammen mit meinem guten Freund Sebastian Diedrichs eigenständig immer mehr und disziplinierter zu trainieren. Gegen Ende des Jahres entschied ich mich dann, mit individuellem Training und maßgeschneiderten Trainingsplänen von Jens Poqué (Trainer Jugendleichtathletik) tiefer in den Leistungssport einzusteigen und größere Ziele zu verfolgen. 

Allerdings ist es für die meisten jungen Leichtathleten, die sich zunehmend in die Welt des Mittel- und Langstreckenlaufens vertiefen, eine Herausforderung, die Leidenschaft für den Sport auf hohem Niveau zu leben, ohne dabei andere Lebensbereiche zu vernachlässigen. Besonders nach Abschluss der Schule, wenn der Übergang zum Studium oder zur Berufsausbildung bevorsteht, wird die Balance zwischen sportlichem Engagement und persönlicher Entwicklung zu einer anspruchsvollen Aufgabe. Für viele von uns erscheint ein Studium in den USA als eine vielversprechende Möglichkeit. Dort lassen sich Studium und Sport auf einem hohen Leistungslevel optimal vereinen, selbst wenn man nicht die erforderlichen Leistungen für eine Förderung in Deutschland erbringt.

Die Idee eines Studiums in den USA schwirrte schon lange in meinem Kopf herum, doch meine sportlichen Leistungen lagen lange Zeit nicht auf dem erforderlichen Niveau, um ernsthaft in Betracht gezogen zu werden. Doch im Frühjahr 2022, ein Jahr vor meinem Abitur, brachte mich ein Praktikum dazu, intensiv über meine Zukunft nachzudenken. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich alles daransetzen möchte, meinen Sport auch nach der Schule auf einem hohen Niveau fortzusetzen und vielleicht sogar auf eine neue Ebene zu heben. Gleichzeitig wollte ich keinesfalls vor der Entscheidung stehen, zwischen meiner beruflichen oder akademischen Laufbahn und meinem sportlichen Engagement wählen zu müssen.

Die Armada „Laufgruppe“ beim Trainingslager 2023

Entschlossen begann ich also, nach Universitäten in den USA zu suchen, die bereit waren, mich bei meinem Vorhaben zu unterstützen. Nach einiger Recherche kam ich schließlich mit einigen Universitäten ins Gespräch und unterzeichnete Ende 2022 schließlich einen Vertrag mit der Park University in Parkville, Missouri.

Im August 2023 begann dann mein erstes Semester hier in den USA. Meine Ausgangsbedingungen waren eine 8:54,86min über 3.000m, eine 15:48min über 5km und eine 32:51min über 10km. Ein aufregendes neues Kapitel und so richtig weiß man natürlich nicht, was einen genau erwartet. Hier angekommen hieß es dann erstmal die neuen Mitbewohner, das Team und das gesamte neue Umfeld kennenzulernen. Außerdem sich natürlich an einen neuen Trainer, neue Trainingsstrukturen und -philosophien gewöhnen, um direkt eine möglichst gute erste Cross Country Saison laufen zu können. Es war eine Zeit der Anpassung, besonders an die intensiven Trainingsumfänge im Vergleich zu meinem früheren Training in Deutschland. Der Respekt vor den bevorstehenden hohen Trainingsbelastungen war spürbar, besonders vor den ersten Doppelschwellentagen und den Wochen mit besonders vielen Kilometern.

Trotzdem gelang ein guter Start in die erste Cross Country Saison. 19:37min über 6km und 26:33 über 8km war ein durchaus solider Einstieg. Auch die Wahl zum “Heart Cross Country Runner of the Week” in einer der ersten Wochen der Saison, bestätigte mich in dem Gefühl sehr gut in die Saison gestartet zu sein. 

Ich (vorne rechts) mit einigen Teamkameraden

Auf diesem Level stagnierten die Leistungen dann aber erst einmal. Vor dem Hintergrund des riesigen Aufwands, den man in das Training und alles drum herum steckt, war es dann schon ein kleiner Rückschlag, zu sehen, dass die Leistungen nicht weiter bergauf gingen. Schnell wurde mir aber klar, dass man sich auch viel in Geduld üben muss. Meine Trainer aus Deutschland, Jens und Lukas, hatten mir immer wieder gesagt, dass es Zeit braucht, sich an neue Trainingsmethoden zu gewöhnen. Auch mein Trainer hier in den USA betonte, dass wir Geduld haben sollten, da unser Training darauf abzielte, am Ende der Saison unsere besten Leistungen zu zeigen. Und sie alle sollten Recht behalten. 

Als absolute Außenseiter traten wir zu unseren Conference-Meisterschaften an, einem entscheidenden Moment am Ende der Cross-Country-Saison – das letzte oder vorletzte Rennen, je nachdem, ob sich das Team oder individuelle Läufer noch für die Nationals qualifizieren konnten. Obwohl wir als Underdogs galten und die anderen Teams uns kaum beachteten, waren wir voller Zuversicht, dass wir die Conference gewinnen und uns somit für die Nationals qualifizieren konnten.

Am Ende reichte es leider nur für Platz zwei in der Conference, aber das gesamte Team zeigte unglaubliche Leistungen. Mit einem durchschnittlichen Zielzeit unserer fünf schnellsten Läufer von 26:07 Minuten auf 8 Kilometern waren wir über eine Minute schneller als unser bisher bester Top-5-Durchschnitt der Saison von 27:08 Minuten. Auch für mich lief das Rennen überragend. Eine Verbesserung um 51 Sekunden führte zu einer neuen persönlichen Bestzeit von 25:16,8 Minuten – genau das, was mein Coach von Anfang an vorhergesagt hatte, aber was ich nie für möglich gehalten hatte.

Obwohl das Team es nicht geschafft hatte, sich für die Nationals zu qualifizieren, sicherte ich mir mit dieser Zeit und damit dem vierten Platz in der Conference einen Startplatz für die Nationals durch die individuelle Qualifikation. 

Zwei Wochen später begab ich mich in meiner ersten Saison in den USA gemeinsam mit meinem Coach allein nach Portland, um in Vancouver, Washington bei den Nationals anzutreten. Doch schon bald nach unserer Ankunft erhielten wir Besuch: Mein (ehemaliger) Trainer und guter Freund Lukas Poque machte extra einen Zwischenstopp auf seiner Dienstreise, um mich anfeuern zu kommen. Die Beschreibung des Rennkurses als „european style“ erwies sich als treffend, und in einem harten Rennen erreichte ich leider nur Platz 183. Trotzdem sammelte ich dabei eine Menge an Erfahrungen.

Bevor es jedoch über die Semesterferien zurück nach Hause ging, blieben noch drei Wochen, und die gute Form, die ich am Ende der Cross-Saison erreicht hatte, durfte nicht ungenutzt bleiben. Deshalb standen kurz vor meinem Flug nach Hause bereits die ersten beiden Indoor-Rennen an. Während die 3000 Meter beim ersten Indoor-Rennen eher als Training und Testlauf gedacht waren, nahm ich die 5000 Meter beim zweiten Indoor-Rennen schon ernster. Mit einer Zeit von 15:28,01 Minuten konnte ich zwar meine persönliche Bestzeit um 20 Sekunden verbessern, aber dennoch nicht ganz an die Leistung am Ende der Cross-Saison anknüpfen.

Nach vier Monaten nahezu ununterbrochenen Trainings mit immer noch ungewohnt hohen Umfängen machte sich jedoch langsam Müdigkeit bemerkbar. Zum Kräfte Wiederauftanken und natürlich um Weihnachten und Silvester zu Hause mit Familie und Freunden verbringen zu können, ging es Anfang Dezember dann nach hause. So ging ein aufregendes, erfolgreiches und äußerst vielversprechendes erstes Semester in den USA zu Ende.

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